Raumluftreinigung - ein Weg zur Keimreduktion und Ansteckungsschutz
Noch nie war das Thema der nosokomialen Infektionen so präsent wie jetzt. In Europa erkranken jährlich 4,1 Millionen Menschen an einer nosokomialen Infektion, für 110.000 Todesfälle sind diese Infektionen mitverantwortlich. Das bedeutet, dass jedes Jahr 2.400 Personen in Österreich an den Folgen einer im Krankenhaus erworbenen Infektion sterben (1). Auch nicht zu vergessen sind die gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Folgen sowie die Belastungen für die Betroffenen, welche durch nosokomiale Infektionen verursacht werden.
Wir stehen an einer Wende wo wir im Pflegealltag alle Möglichkeiten, die uns im Sinne des Ansteckungsschutzes zur Verfügung stehen, auch unbedingt nutzen sollten. Im Rahmen der pflegerischen Kernkompetenzen GuKG § 14 ist die Durchführung gesundheitsfördernder und präventiver Maßnahmen beinhaltet. Gerade der gezielte Einsatz ätherischer Öle im Sinne der Aromapflege ermöglicht es uns durch rechtzeitiges Handeln eine wirksame Infektionsprophylaxe mittels Raumluftreinigung zu erzielen.
Es ist längst bewiesen, dass pflanzliche Duftstoffe, sprich ätherische Öle äußerst effektiv im Sinne einer Keimreduktion eingesetzt werden können (2, 3). Schon unsere Vorfahren, sei es in der Pflege als auch in der Medizin, haben dieses Potenzial genützt. Zwei jüngere Studien (siehe untenstehende Artikel) zeigen die Wirksamkeit dieser Methode nun auf. Mikrobiologische Untersuchungsmethoden wie das Aromatogramm erlauben es, die Wirksamkeit einzelner ätherischer Öle gegen bestimmte Keime auszutesten. Lass Dich an der Hand nehmen und nutze die Chance Dir selbst und Patient:innen einen Infektionsschutz zu bieten, mit dem Wissen um den Einsatz ätherischer Öle.
Evelyn Deutsch-Grasl, AE
Eine Kurzzusammenfassung der Studie: „Keimreduktion durch Vernebelung“
(geschrieben von Doris Kamleitner, BScN MA)
Gelmini et al. (2016) untersuchten, ob die Raumbeduftung mit fünf ausgewählten und spezifisch kombinierten ätherischen Ölen (Lavandula angustifolia - 24%, Melaleuca cajuputi - 24%, Abies siberica - 20%, Myrtus communis - 20% und Pelargonium graveolens - 12%) über einen Ultraschallvernebler (Aromavernebler) in der Lage ist, die Keimzahl an Oberflächen zu senken.
Die Vernebelung fand in zwei Zimmern in einem Stockwerk eines Pflegeheimes in Italien statt. Es zeigte sich, dass Keime wie E. Coli oder S. aureus an Tischen, Kästen und Handläufen im gesamten Stockwerk durch oben genannte Raumbeduftung inkl. den herkömmlichen Hygienemaßnahmen deutlich zurück gingen (Rückgang zwischen 75% und 90%). Während die Keimzahl im 2. Stock, wo nur die übliche Standarddesinfektion durchgeführt wurde, weniger deutlich sank. Raumbeduftung über Aromavernebler ist wenig zeitaufwändig, kostengünstig und kann in Kombination zur Standarddesinfektion geniale Ergebnisse, wie bei Gelmini et al. (2016) beschrieben, führen. Hervorzuheben ist, dass sich die Raumbeduftung in den zwei Zimmern über die Luftzirkulation im gesamten Stockwerk ausbreitete, sodass die keimreduzierende Wirkung nicht nur auf zwei Zimmer beschränkt blieb. In der Interventionszeit von November bis März wurden bis zu 80% weniger Medikamente (Antibiotika, bronchienerweiternde und entzündungshemmende Mittel) verschrieben bzw. wesentlich weniger lange eingenommen als in dem Stock, in dem die Raumbeduftung nicht stattfand. Wichtig zu erwähnen ist, dass keinerlei allergische Reaktionen oder sonstige Nebenwirkungen aufgetreten sind (4).
Mehr Informationen unter: Air dispersed essential oils combined with standard sanitization procedures for environmental microbiota control in nosocomial hospitalization rooms
Der Einfluss in der Luft befindlicher ätherischer Öle aus Zitrone (Citrus limon) und Weißtanne (Abies alba) auf luftgetragene Keime und Pilze in Krankenhauszimmern
(geschrieben von Alicia Lanzerstorfer, BScN)
In einer Studie am Klinikum Wels-Grieskirchen wurde in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Oberösterreich, Campus Wels und dem Aromapflege Kompetenzteam der Gesundheitsschule Evelyn Deutsch die Wirkung von Raumbeduftung mit ätherischen Ölen auf die Anzahl luftgetragener Keime untersucht (5).
In Krankenanstalten liegt die Konzentration von luftgetragenen Keimen – mit Ausnahme von Bereichen mit erhöhten Hygieneansprüchen – im Bereich von 101 bis 103 koloniebildenden Einheiten (KBE) (6, 7, 8). Auf den Krankenstationen kann die Verbreitung von Keimen in die Luft auf verschiedenen Wegen erfolgen, etwa durch Husten oder Niesen, aber auch durch pflegerische Aktivitäten wie Betten machen (9, 10). Obwohl für die meisten Infektionen der Hauptübertragungsweg über die Haut ist, ist für eine Reihe von Krankheitserregern auch eine Inhalationsinfektion möglich (11, 12, 13, 14).
Im Klinikum Wels-Grieskirchen wurde 2015 auf mehreren Stationen Aromapflege als komplementäre Pflegemethode implementiert. Eine pflegerische Intervention ist dabei die Raumbeduftung mit natürlichen ätherischen Ölen. Im Rahmen dieser Studie wurde die Auswirkung einer Raumbeduftung mit Zitronenöl (Citrus limon) und Weißtannenöl (Abies alba) auf die Konzentration von luftgetragenen Keimen in Patientenzimmern (Einzelzimmer) untersucht. Die beiden Öle wurden insbesondere wegen ihrer allgemeinen Beliebtheit und ihrer antimikrobiellen Wirkung ausgewählt.
Die Raumbeduftung erfolgte nach Zustimmung durch den Patienten oder die Patientin mit einem Ultraschallvernebler (Aromavernebler). Dabei wurden 2 Tropfen Weißtannenöl und 1 Tropfen Zitronenöl mit 10 ml destilliertem Wasser in den Ultraschallvernebler (Aromavernebler) gegeben. Die Dauer der Raumbeduftung betrug 30 Minuten. Vor und nach der Raumbeduftung wurde die Konzentration an luftgetragenen Keimen gemessen. Im Untersuchungszeitraum blieben die Fenster der Patientenzimmer geschlossen und es wurden nur notwendige Pflegemaßnahmen durchgeführt.
Abbildung 1 zeigt die mittlere Abnahme der Konzentration von luftgetragenen Keimen in KBE/m³ in Abhängigkeit von der Zeit ab Beginn der Raumbeduftung. Eine halbe Stunde nach Beginn der Raumbeduftung ist die Reduktion der Gesamtkeimzahl bereits feststellbar. Sie erreichte nach etwa 1-2 Stunden einen maximalen Wert von etwa 45% und nahm anschließend wieder ab.
(Abbildung 1 Abnahme der Konzentration von luftgetragenen Keimen in KBE/m³ in Abhängigkeit von der Zeit ab Beginn der Raumbeduftung)
Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Raumbeduftung mit ätherischen Ölen als pflegerische Maßnahme neben ihrem Beitrag zu einem angenehmen Raumklima auch zu einer deutlichen Reduktion der Anzahl an luftgetragenen Keimen führen kann und somit einen wichtigen Beitrag zur Infektionsprophylaxe sprich Ansteckungsschutz leisten kann.
Mehr Informationen unter: The influence of air-dispersed essential oils from lemon (Citrus limon) and silver fir (Abies alba) on airborne bacteria and fungi in hospital rooms
Allgemeine Hinweise:
Die in diesem Blogartikel enthaltenen Erklärungen, Tipps und Ratschläge ersetzen keine medizinischen Fachauskünfte und sind nicht für die Eigen- und Fremddiagnose gedacht. Sie stellen keinen Ersatz für eine Beratung sowie Diagnosestellung durch eine Ärztin oder einen Arzt dar. Es handelt sich dabei ausschließlich um Empfehlungen sowie Erfahrungsberichte, die sich an Erwachsene richten, sofern nicht im Einzelfall anders angegeben. Wir haften weder für eine bestimmte Wirkung noch einen bestimmten Erfolg.
Quellen:
(1) https://medonline.at/hygiene-und-mikrobiologie/clinicum/n/2018/230531/nosokomiale-infektionen-bis-zu-1-000-vermeidbare-todesfaelle/ (Zugriff 1.03.2019)
(2) Gelmini, F., Belotti, L., Vecchi, S., Testa, C., Beretta, G. (2016): Air dispersed essential oils combined with standard sanitization procedures for environmental microbiota control in nosocomial hospitalization rooms. In: Complementary Therapies in Medicine, 25, S. 113-119
(3) https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10934529.2018.1546498 (Zugriff 1.03.2019)
(4) Gelmini et. al (2016), Ebd.
(5) Lanzerstorfer, A., Hackl, M., Schlömer, M., Rest, B., Deutsch-Grasl, E., Lanzerstorfer, C.; Influence of air-dispersed essential oils from lemon (Citrus limon) and silver fir (Abies alba) on airborne bacteria and fungi in hospital rooms. J. Environ. Sci. Health A 2019, online. DOI:10.1080/10934529.2018.1546498
(6) Augustowska, M.; Dutkiewicz, J. Variability of airborne microflora in a hospital ward within a period of one year. Ann. Agric. Environ. Med. 2006, 13, 99–106.
(7) Nasir, Z.A.; Mula, V.; Stokoe, J.; Colbeck, I.; Loeffler, M. Evaluation of total concentration and size distribution of bacterial and fungal aerosol in healthcare built environments. Indoor Built. Environ. 2015, 24 (2), 269–279.
(8) Pini, G.; Donato, R., Faggi, E., Fanci, R. Two years of a fungal aerobiocontamination survey in a Florentine haematology ward. Eur. J. Epidemiol. 2004, 19 (7), 693-698.
(9) Hathway, E.A.; Noakes, C.J.; Fletcher, L.A.; Sleigh, P.A.; Clifton, I.; Elliot, M.W. The role of nursing activities on the bioaerosol production in hospital wards. Indoor Built. Environ. 2013, 22 (2), 410-421.
(10) Shiomori, T.; Miyamotoy, H.; Makishima, K.; Yoshida, M.; Fujiyoshi, T.; Udaka ,T.; Inaba, T.; Hiraki, N. Evaluation of bedmaking-related airborne and surface methicillin-resistant Staphylococcus aureus contamination. J. Hosp. Infect. 2002, 50 (1), 30-35.
(11) Beggs, C.B. The Airborne Transmission of Infection in Hospital Buildings: Fact or Fiction? Indoor Built. Environ. 2003, 12, 9-18.
(12) Tang, J.W.; Li, Y.; Eames, I.; Chan, P.K.S.; Ridgway, G.L. Factors involved in the aerosol transmission of infection and control of ventilation in healthcare premises. J. Hosp. Infect. 2006, 64 (2), 100-114.
(13) Mirhoseini, S.H.; Nikaeen, M.; Shamsizadeh, Z.; Khanahma, H. Hospital air: A potential route for transmission of infections caused by β-lactam–resistant bacteria. Am. J. Infect. Control 2016, 44 (8), 898-904.
(14) Roberts, K., Smith, C.F.; Snelling, A.M.; Kerr, K.G.; Banfield, K.R.; Sleigh, P.A.; Beggs, C.B. Aerial Dissemination of Clostridium difficile spores. BMC Infect. Dis. 2008, 8,7.
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